Wo hören Diskussionen auf und wo fangen Konflikte an? Unser Alltag ist geprägt von Auseinandersetzungen mit unseren Mitmenschen. Nicht nur im privaten Kontext, sondern auch im beruflichen Alltag begegnen uns Situationen, in denen Konflikte entstehen. Wie sollten beispielsweise Führungskräfte reagieren, wenn Konflikte innerhalb des Teams entstehen?

Bevor darüber entschieden wird, wie mit einem Konflikt umgegangen wird, muss zunächst der Begriff an sich definiert werden. Ab wann wird von einem Konflikt gesprochen? Die Definition ist hierbei jedoch häufig subjektiv, so sehen einige Führungskräfte hitzige Diskussionen zwischen Mitarbeitern bereits als Konflikt an. Von einem Konflikt ist aber meistens erst dann die Rede, wenn sich im Zuge einer Diskussion unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten gebildet haben und beide Fronten absolut verhärtet sind. Eine Meinungsverschiedenheit allein birgt zwar das Potenzial eines Konflikts, sie ist aber grundsätzlich noch nicht als Konflikt anzusehen.

Müssen Führungskräfte deshalb immer befürchten, dass sich Konflikte bilden und diese eskalieren? Nein, denn wenn die Teamstrukturen gefestigt sind und das Team sich und die Grenzen jeder Person gut kennt, werden Meinungsverschiedenheiten sehr häufig komplikationslos ausdiskutiert. Auch wenn sich ein Konflikt bildet, kann dieser schnell aufgelöst werden. Diskussionen oder auch Konflikte können mitunter sehr emotional geführt werden, jedoch bedeutet dies nicht, dass diese aufgrund dessen eskalieren und unüberbrückbar sind. Eine der wichtigsten Funktionen hierbei kann die Führungskraft einnehmen. In dem Fall moderiert sie den Konflikt und versucht, eine Lösung zu finden, die für alle Beteiligten ideal ist. Allerdings gibt es auch Führungskräfte, die sehr konfliktscheu sind und Konflikte gerne unter den Teppich kehren, statt sich aktiv damit auseinanderzusetzen. Sie wissen nicht genau, wie sie mit solchen Situationen umgehen sollen oder sie haben den Konflikt gar nicht erst erkannt. Leider lösen sich Konflikte nicht, indem sie ignoriert werden. Sie werden immer wieder aufkommen und die Mitarbeiter werden den Konflikt weiter anheizen, sodass aus einem Konflikt schnell ein Wettkampf werden kann. Vergleichbar ist dieses mit einem Flächenbrand, der nur schwer wieder unter Kontrolle zu bringen ist, sobald er sich ausgebreitet hat. In Folge dessen sinken die Produktivität und die Arbeitsleistung im Team dramatisch. Denn bis zu 70% der Energie, die eigentlich pro Tag für die Arbeit aufgewendet werden sollte, wird in Konflikte investiert. Das gesamte Team befindet sich in einem Teufelskreis, aus dem es nur schwer wieder entkommen kann. Das frühzeitige Eingreifen in einen aufkommenden Konflikt ist daher unbedingt notwendig. Um Konflikten schon frühzeitig entgegen zu steuern, ist manchmal eine externe Unterstützung sinnvoll. In der frühen Phase eines Konflikts ist es zunächst erforderlich, das Gespräch mit den Beteiligten zu suchen. Ein Vieraugengespräch fördert zumeist die Ursache des Konflikts zu Tage, sodass dieser schnellstmöglich gelöst werden kann. Stellt sich dabei allerdings heraus, dass der Konflikt tiefer geht und eine Lösung auf dem Stand nicht möglich ist und auch kein gemeinsamer Konsens gefunden werden kann, dann ist ein externe Konfliktmoderator erforderlich. Sich Hilfe zu suchen zeugt nicht von Schwäche, im Gegenteil: Manchmal sind die Fronten innerhalb des Teams so verhärtet, dass andere Ansätze und Perspektiven notwendig sind, um voranzukommen.

Modelle, die die unterschiedlichen Eskalationsstufen eines Konflikts mit seinen Chancen und Risiken beschreiben, gibt es zahlreiche. Der vielzitierte Friedrich Glasl etwa grenzt neun Stufen voneinander ab. Wir gehen von fünf Eskalationsstufen aus, die von Diskussionen, die noch selbst zu lösen sind, über das sich Manifestieren von negativen Emotionen bis hin zu der Stufe führen, in der es allen Beteiligten nur noch darum geht, selbst zu gewinnen und dem Anderen zu schaden oder ihn gar zu zerstören. Rückt man diese fünf Eskalationsstufen in den Arbeitskontext, so erfordert die höchste und damit fünfte Stufe eine klare Entscheidung durch das Management. Eine Aussöhnung der beiden Konfliktparteien in Form eines Konsenses oder eines Kompromisses ist hier aussichtslos. Die Entscheidung muss dann eine Trennung der beiden Konfliktparteien voneinander gewährleisten, was in der Regel mit einer Versetzung oder auch einer Kündigung einhergeht. In der vierten Stufe, die durch Misstrauen und Feindseligkeit geprägt ist, empfiehlt sich eine externe Mediation, um zu garantieren, dass der Konflikt von einer gänzlich neutralen Person betrachtet und moderiert wird. In der dritten Stufe, in der eine Verhärtung von Positionen immanent ist, nimmt diese Rolle ein interner Mediator ein, wie etwa die Führungskraft, eine Person aus der Personalabteilung oder aus dem Betriebsrat. Womit wir bei den ersten beiden Stufen angelangt sind, die in der Regel von den Konfliktparteien selbst gelöst werden können.

Das Wort Konflikt hat für uns häufig eine negative Bedeutung. Allerdings können aus Konflikten auch Chancen entstehen, die das Team stärken. Konflikte machen auf Probleme aufmerksam und stärken den Willen, diese Probleme anzugehen und Veränderungen voranzutreiben. Es wird ein notwendiger Druck aufgebaut, aktiv zu werden. Gleichzeitig vertiefen Konflikte zwischenmenschliche Beziehungen und festigen den Zusammenhalt innerhalb des Teams. Die Mitarbeiter lernen sich während eines Konflikts noch besser kennen, denn jeder muss sich mit den Ansichten des anderen auseinandersetzen. Konflikte bereiten auch darauf vor, bessere Entscheidungen zu treffen und Meinungen argumentativ zu vertreten. Oder ganz allgemein: Konflikte fördern die Persönlichkeitsentwicklung. Nicht alles, was im ersten Moment negativ erscheint, hat auch ausschließlich negative Auswirkungen. Uns begegnen viele Herausforderungen an jedem einzelnen Tag. Konflikte gehören dazu, aber wir können sie auch für uns nutzen und an ihnen wachsen.