Worauf kommt es beim Verhandeln eigentlich an? Wir verhandeln vermutlich häufiger in unserem Alltag, als wir denken. Welche Voraussetzungen müssen für eine erfolgreiche Verhandlung gegeben sein, braucht es dazu Talent und was genau ist die Win-Win-Strategie?

Die Basis einer erfolgreichen Verhandlung ist der Beziehungsaufbau. Diese Beziehung sollte von Vertrauen und einem partnerschaftlichen Verhältnis und weniger von einem klassischen Kunden-Lieferantenverhältnis geprägt sein: Eine Beziehung auf Augenhöhe. Selbstverständlich braucht eine solche Beziehung Zeit und gemeinsame Erfahrungen. Wichtig ist es jedoch, sich von vorneherein die Frage zu stellen, mit welcher Haltung ich in solch eine Beziehung hineingehe. Unabhängig davon, wie mein Verhandlungspartner mit seiner Haltung in diese Beziehung einsteigt, sollte ich meinem Mindset treu bleiben. Entweder bekomme ich mein Verhalten, meine Einstellung zu einer partnerschaftlichen Beziehung von Vorneherein gespiegelt oder aber ich halte an der Chance fest, dass mein Verhandlungspartner mit der Zeit meine Haltung wertzuschätzen weiß und sich darauf einlässt.

 Eine weitere Voraussetzung für erfolgreiche Verhandlungen ist eine klare Zielsetzung. Jeder, der in eine Verhandlung geht, sollte sich im Vorfeld bewusst sein, was er in der Verhandlung erreichen möchte. Dabei ist es wichtig, im Vorfeld festzulegen, welche Resultate mindestens erreicht werden wollen und welche tatsächlich erstrebenswert sind. Diese Minimum- und Optimal-Ziele sollten auch in der eigenen Organisation im Vorfeld geklärt werden. Nichts ist schädlicher für eine Verhandlung – und dadurch für die partnerschaftliche Beziehung mit meinem Verhandlungspartner – als mit einem Ergebnis aus einer Verhandlung zu kommen, welches mich selber zufriedenstellt, das jedoch dann in der eigenen Organisation im Nachhinein gekippt wird.

In Verhandlungen kommt es auch stark auf die Körpersprache an. Sowohl der gezielte Einsatz der eigenen Körpersprache kann ein Game-Changer sein als auch die Fähigkeit, die Körpersprache meines gegenüber zu lesen. Um Verhandlungen erfolgreich führen zu können, sollten insbesondere die Basisemotionen – also die Mimik – gelesen werden können. Die Körpersprache an sich kann trainiert werden und ist daher nicht verlässlich. Die Mimik hingegen ist nicht trainierbar, da sie rein hirnphysiologisch bedingt ist.

Die erwähnten Basisemotionen sind nicht zuletzt durch den großartigen Tim Roth in der Rolle des Carl Lightman in der TV-Serie „Lie to me“ bekannt geworden. In dieser Serie geht es vornehmlich darum, anhand von Mikroexpressionen Lügner zu entlarven und die Wahrheit herausfinden.

Pionier in der Erforschung dieser Mikroexpressionen ist Paul Ekman, ein amerikanischer Anthropologe und Psychologe, der durch seine Forschungen zur nonverbalen Kommunikation bekannt wurde und heute u.a. FBI, CIA und Sicherheitsdienste berät. Ekman untersuchte Gesichtsausdrücke u.a. in den USA, Japan, Brasilien und Papua Neu Guinea. Hierbei fand er heraus, dass es sieben universelle Basis-Emotionen gibt. Unabhängig von Prägung und Kulturkreis sind diese bei allen Menschen gleich. Und wir können diese nicht kontrollieren oder trainieren. Sie sind eine unmittelbare Reaktion unserer inneren Gefühlslage und tauchen teilweise nur den Bruchteil einer Sekunde in unserem Gesicht auf. Diese Basisemotionen sind Wut, Trauer, Angst, Überraschung, Ekel, Verachtung und Freude. Wir haben hierzu am vom 13.02.2017 einen Blogbeitrag geschrieben. Diese Basis-Emotionen stellen ein absolut verlässliches körpersprachliches Merkmal dar.

An dieser Stelle könnte man denken, dass es Talent braucht, um gut verhandeln zu können. Dabei ist das nicht zwingend notwendig. Es braucht lediglich Training, um gut verhandeln zu können. Es ist wie im Sport: Jeder kann einen Sport erlernen und dabei Spaß haben. Möchte ich jedoch in diesem Sport Karriere machen und ein professioneller Sportler sein, dann ist sicherlich Talent hierfür sehr förderlich. Betrachtet man den Profisport, so wird erkennbar, dass hier extrem viel trainiert wird, um – je nach Sportart mehr oder weniger – hin und wieder ein bisschen zu spielen. Viele Menschen gehen allerdings davon aus, dass bereits ein bisschen Training ausreicht, um sehr viel zu spielen. Dies ist der Breitensport oder die Amateurliga. Auch für Verhandlungen muss daher zuerst sehr viel trainiert werden. Sicherlich ist Talent hilfreich, um ein Top-Verhandler zu werden, aber es ist keine Voraussetzung, um ein guter Verhandler zu sein.

Haben Sie schon einmal von der Win-Win-Strategie gehört? Die Win-Win-Strategie wird auch Doppelsieg-Strategie benannt und hat zum Ziel, dass alle Beteiligten einen Nutzen erzielen. Jeder Verhandlungspartner respektiert auch sein Gegenüber und versucht, dessen Interessen ausreichend zu berücksichtigen. Im Grunde handelt es sich eher um Win-Win-Ergebnisse oder teilweise schlicht und einfach nur um Kompromisse. Ein Kompromiss bedeutet jedoch, sich von seiner Ideallösung zu verabschieden. Wenn beide Parteien dies machen, entsteht ein Kompromiss, also im Endeffekt ein mittelmäßiges Ergebnis. Allerdings ist die Bezeichnung Win-Win-Strategie oder Win-Win-Ergebnis für ein solches Resultat einer Verhandlung nicht passend. Idealerweise muss ein Konsens gefunden werden, also ein gemeinsamer dritter Weg, der besser als die beiden vorhergehenden Zielsetzungen ist. Erst dann entsteht ein Win-Win-Ergebnis. Gehe ich bereist mit dem Wissen und der Einstellung in eine Verhandlung, dass meine vorbereitete Strategie lediglich ein Ausgangspunkt, eine Diskussionsbasis ist und bin ich von Anfang an offen für diesen dritten Weg – vielmehr ich habe das Ziel diesen dritten Weg gemeinsam mit meinem Verhandlungspartner zu finden – dann, und auch nur dann, verfolge ich eine Win-Win-Strategie.

Um Willy Brandt, den ehemaligen deutschen Bundeskanzler und Friedensnobelpreisträger zu zitieren: „Mit den Verhandlungen ist es wie mit dem Liebesspiel der Elefanten: Alles spielt sich auf hoher Ebene ab, wirbelt viel Staub auf – und es dauert sehr lange, bis etwas dabei herauskommt.“ Mit der richtigen Haltung können Sie dafür sorgen, dass es schnell oder zumindest schneller zu einem wünschenswerten Ergebnis kommt.