Häufig unterliegen Führungskräfte dem Trugschluss, dass einzig der Blick auf die Kompetenzen und Fähigkeiten von Teammitgliedern entscheidend für ein erfolgreiches Team ist. Leider wird allzu oft außer Acht gelassen, dass Persönlichkeitsmerkmalen wie Präferenzen und Werten zusätzlich ein hoher Stellenwert beigemessen werden sollte. Ganz nach der Devise „Hire attitude and train skills!“ stellt die Einstellung eines Teammitgliedes die Weichen für eine gute Zusammenarbeit. Fähigkeiten können – ein gewisses Potential beim jedem vorausgesetzt – immer noch erlernt werden. Andersherum erwachsen für Führungskräfte und Teamleitungen weitaus höhere Herausforderungen, wenn man es mit einer zwar gut ausgebildeten Person zu tun hat aber die Einstellung nicht zu den anderen Teammitgliedern, zur Führungskraft oder nicht zum Unternehmen und seiner Kultur passt.
Spricht man von Persönlichkeitsmerkmalen wie z.B. Denkstilen, Kommunikationsstilen, Arbeitsweise oder Vorgehensweise bei der Problemlösung etc. muss nicht zwangsläufig immer die bunte Mischung das Optimum darstellen. In diesem Kontext wird gerne der Begriff Diversity bemüht, der an dieser Stelle nicht auf die Vielfalt im Sinne von Gender, Alter, Nationalität und dergleichen abzielt, sondern die Vielfalt der Charaktere meint. Ob eher die buntgemischte Truppe oder das homogene Team Sinn macht, ist letztlich anhängig von den Aufgaben und Zielen, die das Team erfüllen soll. Diversity der Diversity willen macht keinen Sinn – auch wenn Unternehmen gerne damit kokettieren.
Wichtig ist, dass Entscheidungen bei der Formierung eines neuen Teams oder bei der Einstellung einer neuen Person bewusst getroffen werden und auf einer soliden Grundlage beruhen. Sprechen Aufgaben und Ziele eines Teams für unterschiedliche Persönlichkeitsmerkmale, so sollte immer auch gewährleistet sein, dass mit dieser Diversity offen und transparent umgegangen wird. Sind sich Teammitglieder erst einmal der Unterschiedlichkeiten im Team bewusst und wissen sie auch, warum diese Sinn machen, wird die Voraussetzung für eine wertschätzende und konstruktive Kommunikation geschaffen, was Konflikten vorbeugt oder – denn manchmal sind Konflikte auch nötig – einfacher aus diesen herausführt.
Mit Werten verhält es sich ähnlich. Bereits im Rekrutierungsprozess sollte darauf geachtet werden, dass die Werte der oder des Neuen passen. Die Kernwerte sollten sich nicht mit denen des Unternehmens beißen. Auch wenn sich z.B. Werte wie Kooperation und Konsens auf der einen Seite und Durchsetzungskraft und Unabhängigkeit auf der anderen per se gut anhören und sie auch – jeder für sich -positive Absichten beinhalten, kann es dennoch zu einer Kollision führen.
Abschließend sei hier noch der Unterscheidung der beiden Arbeitsweisen Teamwork und Collaboration Beachtung geschenkt. Beide spielen sich im Setting eines Teams ab. Sie unterscheiden sich jedoch durch den eklatanten Faktor, ob das Team über eine Teamleitung verfügt oder nicht. Im Teamwork ist per Definition eine Teamleitung vorgesehen. Diese muss selbstverständlich über die Fachkenntnis hinaus auch über die nötige Führungskompetenz verfügen. Schließlich geht es darum, die Teammitglieder und das Team zu führen mit allem, was dazu gehört: Unter anderem Feedback geben, Konflikte lösen, ansprechbar sein etc. Man kann sogar soweit gehen zu sagen, dass die Führungskompetenz entscheidender als die Fachkompetenz in Bezug auf die Aufgaben des Teams ist. In der Arbeitsweise der Collaboration ist keine Teamleitung vorgesehen. Dieses Nichtvorhandensein der Führung durch eine Person erfordert die nötige persönliche Reife jedes einzelnen Teammitgliedes. Schließlich muss die Kommunikation und damit auch eine eventuelle Lösung von Konflikten gewissermaßen ungelenkt aus jedem selbst heraus gewährleistet sein. Allzu oft entscheiden sich Führungskräfte, sich aus einem Team zurückzuziehen und diese in der Arbeitsweise der Collaboration „laufen zu lassen“, ohne genügend hinzuschauen, ob die Führung in diesem Team aus dem Team heraus erfolgen kann. Ist dies nicht der Fall, kann es schnell zu Demotivation und Frustration im Team kommen.
Letztendlich handelt es sich bei der erfolgreichen Arbeit eines Teams immer auch um das Ergebnis einer bewussten und gut durchdachten Zusammensetzung des Teams: Vom Einzelnen bis zur Leitung, von der bewussten Entscheidung gegen eine Leitung oder von der gut begründeten Entscheidung für oder gegen Diversity.