Wenn wir im Zusammenhang mit dem Leader von Verantwortung sprechen, dann ist ein wichtiger Aspekt die Nachhaltigkeit (Sustainability). Demnach sollen die Bedürfnisse der Gegenwart so befriedigt werden, dass sich dadurch die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht einschränken. Dabei ist es laut Definition der UN-Weltkommission für Umwelt und Entwicklung wichtig, die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – sozial gerecht, ökologisch tragfähig und wirtschaftlich effizient – gleichberechtigt zu betrachten.

Diese drei Dimensionen der Nachhaltigkeit werden häufig unter den Begriffen „People, Planet, Profit“ zusammengefasst. Für uns kommt im Kontext mit der Verantwortung von Führungskräften noch ein vierter Begriff hinzu – die Prinzipien. Führungskräfte müssen dafür sorgen, dass bestimmte Prinzipien auch bei Veränderungen nachhaltig Bestand haben. Der amerikanische Bestsellerautor Stephen Covey sprach in diesem Zusammenhang von „prinzipienorientierter Führung“ und definierte das sinngemäß folgendermaßen: Wenn alles im Wandel ist, dann brauchst du eine Konstante, und das müssen deine Prinzipien sein. Führungskräften kommt dabei eine Vorbildfunktion zu. Sie tragen die Verantwortung, dass in ihrem Unternehmen oder ihrem Team Prinzipien nachhaltig implementiert werden und infolgedessen dauerhaft Bestand haben. So geben sie ihren Mitarbeitern eine gewisse Orientierung. Wenn diese merken, dass ihr Vorgesetzter Prinzipien hat und damit auch Charakterstärke, dann wird ihnen das in Veränderungsprozessen Sicherheit geben und etwas sein, woran sie sich halten können. Prinzipien sollten allerdings nicht mit Werten verwechselt werden, schließlich können und müssen Werte angepasst werden, wenn sich das Umfeld ändert.

Im Gegensatz dazu behalten Prinzipien wie Ehrlichkeit oder Zuverlässigkeit auch nach einer Veränderung ihre Gültigkeit. Im Bereich Führungskräfte-Recruiting sind Prinzipien ebenfalls ein wichtiges Thema. Wenn ein Unternehmen hier nachhaltig handeln möchte, steht es vor der Herausforderung: Wie schnell kann die neue Führungskraft erfolgreich sein? Am besten gelingt das, wenn diese Person genau dieselben Prinzipien lebt, die der zukünftige Arbeitgeber hat und braucht. Es kann jedoch durchaus notwendig sein, dass ein Unternehmen – zum Beispiel aufgrund veränderter Rahmenbedingungen – seine Werte anpassen muss. In diesem Fall müssen sie Führungskräfte rekrutieren, die zu den zukünftigen, angestrebten Werten passen, nicht jedoch zu den gegenwärtigen. Dennoch sollte man sich von vornherein darüber im Klaren sein, dass der Erfolg sich nur langsam einstellt. Denn wenn neue Werte implementiert werden, dann muss das nachhaltig geschehen, sodass sie auch über die aktuelle Veränderung hinaus Bestand haben. Und das ist ein Prozess, der dauert. Oft werden wir gefragt, wie das funktioniert. Unsere Antwort: »Das geht nur unermüdlich, geduldig, ausdauernd und emphatisch – anders kann Nachhaltigkeit nicht erzielt werden.

Unsere Kernprinzipien werden größtenteils schon in den ersten sechs, sieben Jahren unseres Lebens geformt. Das heißt, wenn eine Führungskraft Mitte vierzig ist, dann sind ihre Kernprinzipien schon fast vierzig Jahre alt und entsprechend stabil. Wenn die sich ändern sollen, dann dauert das entsprechend. Also ist es natürlich einfacher, wenn ich mir den Macher hole, der die Prinzipien, die ich morgen brauche, heute schon hat, und zwar seit vierzig Jahren. Er wird diese Prinzipien erfolgreich vertreten und weitergeben. Daher können wir an die Unternehmen nur immer wieder appellieren, ihre Recruiting-Strategie auf das Thema Prinzipien und Werte auszurichten, anstatt sich vorrangig auf fachliche Kompetenz oder Erfahrung zu fokussieren. Schließlich sind Prinzipien und Werte der Hauptantrieb unseres Verhaltens. Schaue ich als Unternehmen also zuerst darauf, ob die Prinzipien und Werte des Bewerbers zu meinen eigenen passen und erst danach auf seine fachliche Kompetenz, dann werde ich die Erfahrung machen, dass Veränderungen nicht nur nachhaltiger und einfacher zu implementieren sind, sondern auch erfolgreicher sein werden.

Auszug aus dem Buch „WORKBOOK RESPONSIBILITY – Verantwortung für Entscheidungen, für Mitarbeiter, sich selbst gegenüber“ von Gianni, Jan & Marcello Liscia, 2018