Die Wahrheit mittels Mikroexpressionen entdecken.

Emotionen machen unser Leben erst lebenswert. Und die Qualität der Emotionen bestimmen unsere Lebensqualität.
Jegliche Beziehung, die wir eingehen oder auf die wir uns einlassen ist geprägt von Emotionen. Diese können positiv sein und uns durch ihre Endorphine wahre Glücksmomente bescheren. Oder sie sind negativ und Stresshormone durchströmen unseren Körper und unseren Geist. Jegliche Handlung, die wir ausführen basiert letztendlich auf einer Emotion. Und damit auch jegliche Entscheidung, die wir treffen. Selbst logische und rationale Entscheidungen geben uns ein „gutes“ Gefühl: Ein Gefühl der Sicherheit oder das gute Gefühl, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Doch nicht immer wollen wir oder unsere Gesprächs-(Beziehungs-)partner dem anderen zeigen, was wir gerade fühlen. Es gibt Situationen, da ist es uns unangenehm Emotionen zu zeigen. Oder wir versprechen uns Vorteile dadurch, dass unser Gegenüber nicht in uns lesen kann, wie in einem offenen Buch. Daher trainieren wir, wie wir unsere Körpersprache beherrschen, diese bewusst und gezielt einsetzen, um z.B. unserem Verhandlungspartner, in die gewünschte Situation zu versetzen und somit das gewünschte Ziel zu erreichen. Wer hat noch nicht von der „richtigen“ Begrüßung und dem „gekonntem“ Händedruck gehört, um Selbstsicherheit auszustrahlen. Die richtige Sitzhaltung am Tisch, um Interesse zu signalisieren. Offene Hände, um Vertrauen auszudrücken. Die Neigung des Kopfes, um Wohlwollen zu suggerieren. Viele haben davon gehört, viele haben dieses trainiert. Und daher wissen wir bei vielen nicht, ob das, was wir gerade beobachten auch tatsächlich der Gefühlslage unseres Gesprächspartners entspricht oder uns nur das Bild einer inneren Haltung vermittelt werden soll.
Gäbe es doch eindeutige Signale, die wir eindeutig einer Emotion zuordnen könnten und uns sicher sein könnten, dass diese authentisch ist und nicht nur gespielt. Diese eindeutigen Signale gibt es. Man nennt sie Basis-Emotionen. Diese Basis -Emotionen sind nicht zuletzt durch den großartigen Tim Roth in der Rolle des Carl Lightman in der TV-Serie „Lie to me“ bekannt geworden. In dieser Serie geht es vornehmlich darum, anhand von Mikroexpressionen Lügner zu entlarven, um die Wahrheit herausfinden.
Pionier in der Erforschung dieser Mikroexpressionen ist Paul Ekman, ein amerikanischer Anthropologe und Psychologe, der durch seine Forschungen zur nonverbalen Kommunikation bekannt wurde und heute u.a. FBI, CIA und Sicherheitsdienste berät. Ekman untersuchte Gesichtsausdrücke u.a. in den USA, Japan, Brasilien und Papua Neu Guinea. Hierbei fand er heraus, dass es sieben universelle Basis-Emotionen gibt. Unabhängig von Prägung und Kulturkreis sind diese bei allen Menschen gleich. Und wir können diese nicht kontrollieren und trainieren. Sie sind eine unmittelbare Reaktion unserer inneren Gefühlslage und tauchen teilweise nur einen Bruchteil einer Sekunde in unserem Gesicht auf. Diese Basis-Emotionen sind Wut, Trauer, Angst, Überraschung, Ekel, Verachtung und Freude.
Wie sieht der entsprechende Gesichtsausdruck in dieser Mikro-Sekunde aus?
Wut: Unsere Augenbrauen ziehen sich zusammen und senken sich. Oberhalb des Nasenrückens, zwischen unseren Augenbrauen werden vertikale Falten sichtbar und die unteren Augenlider sind angespannt. Die Lippen sind zusammengepresst.
Trauer: Wenn wir traurig sind bilden unsere Lippen ein Hufeisen, dessen Öffnung nach unten weist. Unsere inneren Augenbrauen und die Lider ziehen sich nach oben und unser Blick ist defokussiert – leer.
Angst: Wir heben die Augenbrauen an und ziehen sie dabei gleichzeitig zusammen. Auf unserer Stirn zeigen sich horizontale Falten. Unsere oberen Augenlider und unteren Augenlider sind hochgezogen, wobei letztere angespannt sind. Der Mund ist geöffnet und die Mundwinkel vertikal nach hinten gezogen.
Überraschung: Deutliche Signale für Überraschung sind angehobene Augenbrauen und vertikale Falten über die gesamte Stirn. Unsere Augenlider sind weit nach oben gezogen, der Mund ist geöffnet und der Unterkiefer klappt entspannt nach unten weg.
Ekel: Bei Ekel sind die Oberlippe und die Unterlippe nach oben gezogen. Auf unserem oberen Nasenrücken werden deutlich Falten sichtbar. Unsere Augenbrauen senken sich ab und Falten sind unterhalb der Augen sichtbar. Der Kopf bewegt sich in der Regel nach hinten weg.
Verachtung: Ein entspannter Gesichtsausruck und ein einzelner angespannter, hochgezogener Mundwinkel sind die deutlichen Anzeichen von Verachtung.
Freude: Die Mundwinkel sind zu einem Lächeln gezogen. Falten ziehen sich vom Nasenrücken hinunter zu den Mundwinkeln und Lachfalten, sogenannte Krähenfüße, zeigen sich in den Augenwinkeln. Daran kann man übrigens echte Freude von gespielter Freude unterscheiden. Bei echter Freude, „lachen“ auch die Augen. Beim gespielter Freude bewegen sich lediglich die Mundwinkel nach hinten und oben.
Reichen diese Signale aus, um Lügen aufzudecken? Nein! Zum einen geht es um das Entdecken der Wahrheit und nicht das Aufdecken der Lüge. Zum anderen sagt uns die Mikro-Expression lediglich, dass gerade in diesem Augenblick eine Basis-Emotion vorhanden ist, jedoch nicht, warum. Beispielsweise kann ein Mitarbeiter im Gespräch mit seinem Vorgesetzten oder ein Teilnehmer in einem Assessment deutlich Angst zeigen. Wir wissen jedoch nicht, wovor er Angst hat. Ist es die Angst, dass die Lüge aufgedeckt wird oder ist es die Angst, dass einem nicht geglaubt wird? Beides ist möglich. Um hier Gewissheit zu haben, benötigen wir die Hinzunahme weiterer Kommunikationskanäle. Diese wären die Körpersprache, Stimme, Sprachstil und Sprachinhalt. Erst die Betrachtung dieser insgesamt fünf Kanäle im Gesamtkontext, die Kongruenz zwischen Inhalt und Kontext und die Spontaneität zwischen Emotion und Kognition kann uns Aufschluss darüber geben, ob wir die Wahrheit entdeckt haben oder nicht.
All diese Informationen werden auf allen fünf Kanälen gesendet – selbstverständlich solange gesprochen wird. Ansonsten sind es nur zwei Kanäle, die Informationen senden. Wir stehen lediglich vor der Herausforderung, all diese Informationen aufzunehmen, zu interpretieren und zu hinterfragen, um Gewissheit zu erlangen. Die gute Nachricht lautet: Unser Gehirn ist dazu in der Lage, all diese Informationen und Signale aufzunehmen. Es bedarf lediglich des Trainings und der Praxis – davon allerdings nicht nur ein wenig, sondern intensiv, um Experte zu werden.
Gianni Liscia ist einer der geschäftsführenden Geselleschafter der Liscia Consulting GbR creatingLEADERS. Die Liscia Consulting GbR mit Hauptsitz in Paderborn ist seit 17 Jahren international als Experten-Unternehmen für Führungskräfteentwicklung tätig. Der Schwerpunkt der Führungskräftemacher liegt in der sehr pragmatisch und praktisch orientierten Ausrichtung ihrer Arbeit. Gianni Liscia ist vom Institut Paul Ekman International zertifiziert in der Aufdeckung der Wahrheit.