Wovon träumen Führungskräfte? Führungskräfte träumen von schlagkräftigen Teams, von kraftvollen Teams, sie träumen von Mitarbeitern, die engagiert sind. In der modernen Arbeitswelt von heute sind Teams oft zerstückelt, verteilt auf verschiedene Kontinente oder verschiedene Länder, sie stammen aus verschiedenen Kulturen und sprechen verschiedene Sprachen. Das ist die Realität im Global Leadership.

Für eine Führungskraft stellt sich deshalb die Frage: „Wie kann ich unter solchen Umständen ein Team erfolgreich führen?“ In diesem Zusammenhang ist vor allem Employee Engagement von immenser Bedeutung, denn engagierte Mitarbeiter sind eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass ein Unternehmen erfolgreich agieren kann. Engagierte Mitarbeiter denken mit – sie warten nicht nur auf Anweisungen, sondern bringen sich auch aus eigenem Antrieb ein, übernehmen Verantwortung und sorgen sich um das Wohlergehen des gesamten Unternehmens. Sie erledigen also nicht nur ihre Arbeit besonders gut, sondern fördern auch Teamarbeit und Arbeitsklima.

Allerdings sind längst nicht alle Mitarbeiter eines Unternehmens in gleicher Weise engagiert – so kann es innerhalb einer Abteilung oder eines Teams einige sehr engagierte Mitarbeiter geben, während andere Kollegen zwar auch die ihnen zugewiesenen Aufgaben erfüllen, aber eben nur so viel tun, wie gerade nötig ist.

Laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens Gallup aus dem Jahre 2017 gibt es in Deutschland nicht sehr viele engagierte Mitarbeiter, nämlich nur 15 Prozent. Darüber hinaus sind 70 Prozent der Beschäftigten nicht engagiert, 15 Prozent aktiv unengagiert.[1] Aber wie verhält sich jemand, der aktiv unengagiert ist? Wenn ein solcher Mitarbeiter die Möglichkeit hat, dir und deinem Unternehmen zu schaden, dann wird er das tun. […]

So weit sollte man es erst gar nicht kommen lassen. Deshalb sehen wir Employee Engagement auch als eine Art Verlobung an. Das ist, genau wie im privaten Kontext, die Zeit vor der Hochzeit, nachdem zwei Menschen sich versprochen haben: „Ja, ich will!“ Als Chef oder Vorgesetzter erwartest du von deinem zukünftigen Mitarbeiter, dass er eine emotionale Verbindung mit dir eingeht – du erwartest, dass er sagt: „Ja, ich liebe dieses Unternehmen und ich bleibe hier, bis dass der berufliche Tod uns scheidet.“

Wenn wir unter Employee Engagement eine Verlobung verstehen, eine emotionale Beziehung des Arbeitnehmers zu seinem Arbeitgeber und umgekehrt, dann sollte schon in der Stellenbeschreibung (sinngemäß) stehen: „Lieber Arbeitnehmer, wir erwarten von dir, dass du dich für dieses Unternehmen engagierst, dass du dieses Unternehmen liebst, dass du diesen Job liebst und dass du unsere Kunden liebst, denn wir lieben dich auch. Wir wollen die emotionale Beziehung, und nur dann nehmen wir dich.“

Konkret könnte das bedeuten, dass eine Führungskraft zu ihrem zukünftigen Mitarbeiter sagt: „Ich erwarte mehr. Ich erwarte von dir, dass du zehn, zwölf, vierzehn Stundenam Tag arbeitest und dass du fünf Tage die Woche unterwegs bist, und zwar in fünf verschiedenen Ländern. Ich erwarte, dass du dir die Nächte um die Ohren schlägst und bis nachts um halb zwei die Präsentation fertig machst, die wir am nächsten Tag fürs Meeting brauchen.“ Nur wenn der Mitarbeiter diese Erwartungen auch kennt, kann er die „Verlobung“ eingehen und den Arbeitsvertrag unterschreiben. Diese emotionale Beziehung ist wichtig, um engagierte Mitarbeiter für ein Unternehmen oder ein Team zu gewinnen. Nur solche Mitarbeiter werden Markenbotschafter ihres Unternehmens: Sie sprechen positiv über ihren Arbeitgeber, sie stehen zu ihrem Unternehmen und den Produkten, sie streben automatisch nach mehr. Das wird sich am Ende auszahlen – engagierte Mitarbeiter sind produktiver, das Unternehmen ist rentabler. Gleichzeitig reduzieren sich Arbeitsunfälle, Mitarbeiter-Fluktuation und Fehlzeiten. […]

 

Auszug aus dem Buch „Führung ist keine Illusion – Erlebnisse, Erfahrungen und Erzählenswertes aus zwanzig Jahren Beraterpraxis“ von Gianni, Jan und Marcello Liscia, 2020

[1] Vgl. Gallup Inc., State of the Global Workspace, 2017.