Das Pferd als Coach, die Führungskraft als Coachee und der Weg zur Selbsterkenntnis – mit pferdegestütztem Training als erlebnisorientierte Lernerfahrung werden die eigenen Führungskompetenzen und der eigene Führungsstil erlebbar gemacht.

Pferde kommunizieren nicht wie wir Menschen über Lautsprache, sondern über nonverbale Kommunikation, die Körpersprache. Dabei interagieren sie nicht mit Menschen, sie reagieren lediglich auf die ihnen zugesandten nonverbalen Signale. Gewissermaßen spiegeln sie unser eigenes Verhalten und geben uns damit ein direktes, klares und wertfreies Feedback. Als Herdentiere müssen sie dem Leittier vertrauen und sich dessen Führungskompetenz sicher sein. Diese Führungskompetenz wird von jedem einzelnen Pferd aus der Herde ständig erprobt, um falls nötig selbst die Führungsposition einzunehmen. Im Coaching mit Pferden erfahren wir also, wie wir als Führungskraft nonverbal auf andere wirken. Haben wir ein natürliches Führungsverhalten? Strahlen wir Autorität aus oder können wir absolut gar nicht überzeugend und glaubhaft auftreten? Befolgen meine Mitarbeiter nur widerwillig meine Anweisungen, weil ich zu autoritär auftrete oder nehmen sie mich etwa gar nicht ernst?

Mithilfe von verschiedenen Bodenübungen mit dem Pferd erleben Führungskräfte, ob ihr eigenes Handeln mit ihrer Absicht kongruent ist. Ein zum äußeren Schein vorgetäuschtes Führungsverhalten beeindruckt Pferde nicht. Nur ein authentisches und respektvolles Auftreten des Gegenübers veranlasst Pferde zur positiven Reaktionen. Diese Reaktionen – seien sie negativ oder positiv – können anschließend in den Berufsalltag des Coachees transferiert werden.

Was sich sehr theoretisch und alltagsfern anhört, kann anhand einfacher Übungen erprobt werden. Ein Beispiel: In einem abgesteckten runden Bereich mit einem Durchmesser von ungefähr 15 Metern ist es Aufgabe der Führungskraft, das Pferd mithilfe einer kleinen Peitsche um sich herum laufen zu lassen, ohne dieses zu berühren. Was sich leicht anhört, kann in der Umsetzung jedoch zu Schwierigkeiten führen. Denn obwohl Pferde Fluchttiere sind, haben unsere domestizierten Pferde gelernt, dass sie vor uns und der Peitsche keine Angst haben müssen. Bei dieser Aufgabe kann es deshalb passieren, dass das Pferd sich entweder gar nicht bewegt – sich eventuell sogar von dem Menschen und der Peitsche wegdreht – oder sich nur wenige Meter bewegt und fortwährend anhält, bevor es weitergeht. Unterschiedliche Führungspersönlichkeiten werden unterschiedlich an diese Situation herangehen und auch unterschiedlich auf das Verhalten des Pferdes reagieren. Steht eine
Führungskraft hilflos in der Mitte und schafft es gerade so, das Pferd ein paar Meter vorwärts zu schicken, so mangelt es dieser an natürlichem Führungsverhalten. Es fehlt ein klares Bild des Ziels vor Augen. Mangelndes Selbstbewusstsein und Überforderungen können hierbei auch eine Rolle spielen. Das Gegenteil dazu bildet die Führungskraft, die selbstbewusst und -sicher auftreten möchte: Mit energischen Schritten, wilden Bewegungen mit der Peitsche und einem regelrechten Losstürmen auf das Pferd will diese Person das Pferd dazu bewegen, das zu tun, was er oder sie verlangt. Was nach autoritärem und selbstsicherem Verhalten aussieht ist aber etwas völlig anderes: Macht diese Führungskraft ihren Mitarbeitern auch immer direkt starken Druck? Fordert diese Person von der ersten Sekunde an Gehorsam und hat keine Geduld? Schüchtert dieses Verhalten vielleicht sogar die Mitarbeiter ein und lässt sie eher aus Angst als aus Respekt handeln?

Natürliches Führungsverhalten kann erlernt werden. Der wichtigste Faktor dabei ist die Empathie. Auch wenn es sich beim pferdegestützten Coaching um ein Tier als Coach handelt, so hat man es dennoch mit einem fühlenden Lebewesen zu tun. Auch diesem Lebewesen muss Respekt entgegengebracht werden, um Vertrauen zu erhalten. Durch Zwang und Druck arbeitet niemand gern, weder Mensch noch Tier. Deshalb ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und auszustrahlen, respektvoll mit dem Pferd umzugehen und ein klares Ziel vor Augen zu haben. Wenn die Führungskraft weiß, was sie möchte – unabhängig davon, ob diese gerade mit dem Pferd oder Mitarbeiter agiert – dann wird sie respektiert.  Wer selbstsicher, empathisch und mit einem konkreten Ziel auftritt, wird Erfolg als Führungskraft haben. In dieser Hinsicht können wir vieles von Pferden lernen.