Ein Erfahrungsbericht aus dem Homeoffice 

Eigentlich hatten wir diesen Beitrag für November diesen Jahres geplant. Wir wollten berichten, wie der Alltag eines Unternehmensberaters in unserem kleinen Beratungsunternehmen ausschaut. Nun haben wir umgeplant. Lassen Sie uns aber von vorn beginnen…

Vor vier Monaten, genauer gesagt Anfang Januar, saßen wir anlässlich unseres alljährlichen Startworkshops zusammen, um das Jahr 2020 zu planen. Dabei haben wir, unter anderem, über anstehende Projekte und die damit verbundenen Reisen gesprochen. Wir sind ein kleines Unternehmen mit vier Beratern und Beraterinnen und einer Mitarbeiterin im Backoffice und sind europaweit unterwegs. In der Regel fahren wir montags im Laufe des Tages zum Kunden und kommen freitagabends wieder nach Hause. Während des Startworkshops saßen wir also zusammen, haben das Jahr und im Zuge dessen auch die monatliche Bespielung unseres Blogs mit interessanten und lesenswerten Beiträgen geplant. Das Thema „Aus dem Alltag eines Beraters“ war ursprünglich für den Herbst angedacht. Warum haben wir diesen Blogbeitrag so weit vorgezogen? 

Auch wir haben Mitte März, bereits vor dem „lock-down“, festgestellt, dass sich das Leben verändert: Das Leben unserer Kunden, das Leben unserer Familien, unser eigenes Leben. Und genau darüber wollen wir berichten. Wie sieht unser Alltag heute aus? Das Schöne ist, wir sind immer noch europaweit tätig, reisen aber nicht mehr. Wie sah unsere typische Woche vor der Krise aus? Jeden Morgen nach dem Frühstück im Hotel in ein Taxi oder den Mietwagen steigen, um zum Kunden aufzubrechen. Jeden späten Nachmittag wieder ins Taxi oder in den Mietwagen steigen, um zum Bahnhof oder Flughafen zu kommen. Jeden Abend die Reise zum nächsten Kunden antreten, um dann wieder im nächsten Hotel zu frühstücken usw. Wie sieht unsere typische Woche im Moment aus? Wir wachen jeden Morgen im eigenen Bett auf, frühstücken zu Hause und benötigen kein Taxi, um an unseren Arbeitsplatz, unser Homeoffice, zu gelangen. Dennoch ist eins geblieben:  Wir sind immer noch jeden Tag in Kontakt mit unseren Kunden, und zwar auf digitalem Weg. 

Wir haben bereits im Jahr 2007 begonnen, digitale Medien mehr und mehr für unsere Coachings zu nutzen. (Anmerkung für die jüngeren Leser: Vor 13 Jahren verstand man unter einem digitalen Medium primär das Telefon.) Vor fünf Jahren kamen dann Video- und Webcoachings hinzu und vor etwa drei bis vier Jahren auch Webinare und E-Learning. Im Grunde wurden diese Anpassungen dadurch bedingt, dass der Großteil unserer Kunden digital aufgestellt war und ist und dies eine Möglichkeit darstellt, kosten- und reiseoptimiert, gerade für kleinere Themen, zusammenzuarbeiten. Letztes Jahr sind wir damit gestartet, auch Workshops online durchzuführen. 

Gerade in der aktuellen Situation sind wir froh, uns immer frühzeitig darüber Gedanken gemacht zu haben, welche Themen auf unsere Kunden zukommen könnten und wie wir uns auf diese Szenarien proaktiv einstellen können. Das Jahr 2020 zeigt uns bisher, dass wir jeden Tag vor eine sich verändernde Zukunft gestellt werden. Wenn ich morgens aufwache, ist abends die Zukunft. Wenn ich montags ins Büro gehe, ist Dienstag die Zukunft. Im Zuge der Beratung wurden wir über die Jahre immer wieder mit unvorhersehbaren Situationen konfrontiert und mussten ganz spontan reagieren. Dabei haben wir eines gelernt: Wir gestalten nicht die Zukunft. Wir haben eine Idee oder eine Vorstellung der Zukunft. Wir haben ein klares Bild der Zukunft, aber was wir gestalten, ist das Hier und Jetzt. Somit kann keiner von uns genau wissen, wie die Zukunft tatsächlich aussehen wird.

Wie also sieht der Alltag eines Unternehmensberaters heute aus? Anstatt zu unseren Kunden „fahren“ wir ins Homeoffice und dann gehen wir unserer Arbeit nach. Es macht keinen Sinn, über die Situation zu klagen und zu jammern, dass es so nicht möglich sei zu arbeiten, denn es ist möglich. Diese Krise zeigt eines ganz deutlich: Zukünftige Diskussionen über die Umsetzbarkeit von Homeoffice machen keinen Sinn mehr, denn Homeoffice ist machbar. Das bedeutet natürlich nicht, dass dies auch die ideale Arbeitsform für jeden ist. Zwar erhöht sich die Flexibilität, aber dafür entstehen gegebenenfalls andere Probleme. Hierzu kann das Thema „social distancing“ gehören, also die Verringerung von sozialen Kontakten im privaten und beruflichen Bereich. Wie kann also mit der Distanz, die durch das Homeoffice entsteht, umgegangen werden? Das Homeoffice braucht eine klare Struktur, es braucht Routinen. Routinen, die damit beginnen, dass ich morgens, wenn ich aufgestanden bin, mich so fertig mache, wie ich es für einen Tag im Büro oder beim Kunden täte. Auch Routinen im Bereich der Kommunikation sind notwendig, wozu das Aufstellen einer Regelkommunikation für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt (und nicht nur für die Krisenstäbe). Dies kann beispielsweise durch ein tägliches, virtuelles Teambriefing umgesetzt werden. Eine zusätzlich schöne Maßnahme ist der gemeinsame „virtuelle Kaffee“, bei dem sich das Team zum Austausch und Smalltalk zusammenfindet und so den Treffpunkt an der Kaffeemaschine im Büro virtuell erlebt. Generell gilt: Führungskräfte sollten ihren Fokus auf die Kommunikation mit den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verstärken oder vielleicht sogar ein wenig „übertreiben“, um so deutlich zu machen, dass zwar eine räumliche Distanz existiert, das Team sich aber in seinen bestehenden Beziehungen nicht voneinander distanziert. 

Wir sollten uns in diesen Tagen angewöhnen, verstärkt auf das Positive zu achten. Das Gesetz der Polarität besagt, dass ein Pol immer einen Gegenpol hat. Dies spiegelt sich überall in unserem Leben wider, denn der Mensch nimmt seine Umwelt polar wahr, er definiert seine Umwelt durch die Differenzierung beider Pole. Und egal, wie viel Negatives passiert, der Gegenpol ist da. Es geht nicht darum, das Negative zu ignorieren, sondern es geht darum, sich jederzeit bewusst zu machen: Es gibt auch etwas Positives!
Was ist das Positive? Wir haben die Möglichkeiten, von Zuhause zu arbeiten! Das wäre vor 20 Jahren noch fast unmöglich gewesen. Technik und Forschung haben Geschwindigkeit aufgenommen und uns bewiesen, dass Lösungen für unsere Probleme gefunden werden.
Was ist das Positive? Das Positive ist, dass sich Forschungsinstitute weltweit bemühen, unsere Normalität durch die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen wiederherzustellen.
Was ist das Positive? Es mag paradox klingen, jedoch haben wir vielleicht mit manchen Personen noch nie so viel kommuniziert wie in diesen Tagen, weil wir uns nicht einfach gegenseitig besuchen können. Denn wir versuchen deutlich zu machen: Ich bin bei Dir – sei es in Gedanken, am Telefon oder per Video.

Unternehmen sollten in diesen Zeiten natürlich ganz klar einen Fokus einnehmen: Die Krise, die Situation im Hier und Jetzt. Wie bereits gesagt, können wir die Gegenwart verändern. Wir können aus der Vergangenheit lernen und so unsere Zukunft aktiv beeinflussen. Wir können ein Bild von dieser Zukunft entwerfen und heute alles dafür tun, dass sie morgen eintritt. Und das ist eine enorm wichtige Erkenntnis! Machen Sie sich nicht nur Gedanken über das Heute, über das Handeln während der Krise, sondern auch über das Morgen! Rufen Sie beispielsweise eine zweite Tasksforce ins Leben, eine kleine Gruppe von Menschen, die sich Gedanken über das Morgen machen, über die Zeit nach der Krise! Fragen, die sich stellen können sind zum Beispiel: „Wie reagieren wir? Wie gehen wir wieder an den Markt? Wie fahren wir alles möglichst schnell und reibungslos hoch?“ 

Lassen Sie uns die Perspektive erweitern: Ist dies die erste Krise, die Sie erleben? Vermutlich nein. Ist dies die letzte Krise, die Sie erleben werden? Die Antwort lautet vermutlich ebenfalls nein. Aber es ist sicherlich eine Krise, wie wir sie in dieser Form alle noch nicht erlebt haben. Bei vielen bereits erlebten Krisen waren die Ursachen klar und wir konnten reagieren. Die Ursache dieser Krise ist auch klar, nur können wir gegen sie nicht wirklich angehen, außer abzuwarten und anderen Menschen zu vertrauen, dass sie schnellstmöglich eine Lösung für uns haben – ein Medikament, einen Impfstoff. Was machen wir? Naja, Entscheidungen werden im Grunde jeden Tag überdacht. Wir fahren auf Sicht. Wichtig ist der Zusammenhalt, der Zusammenhalt innerhalb des Unternehmens, geschlossen mit seinem Team hinter dem Unternehmen zu stehen und den eigentlichen Unternehmenszweck weiter zu verfolgen. Hierbei ist Kommunikation alles, hierbei geht es darum, sich auf das Positive zu fokussieren und hierbei gilt es, sich über Ängste und Sorgen auszutauschen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Eine Krise zeigt uns auf, was bei uns im Unternehmen nicht wirklich gut oder reibungslos läuft. Ein positiver Blick in die Zukunft ermöglicht uns eine Ausrichtung auf die Zukunft. Das Wichtigste ist daher, egal ob nach innen oder außen gerichtet, im Unternehmen den Zukunftsblick zu bewahren und vor allem weiterhin täglich Menschlichkeit zu leben.